Kritik: Faust Theater Heidelberg

Dies ist eine Kritik an der Inszenierung von Faust am Theater Heidelberg unter der Regie von Philipp Preuss. Vom folgenden Stück wurde nur die erste Hälfte bis zur Pause gesehen. Die Kritik beschränkt sich daher auf diesen ersten Teil.

Ablauf des Stückes

Die hier folgende Schilderung kann Lücken haben, oder nicht exakt sein, da das aufmerksame Verfolgen des Stückes aufgrund der schlechten Inszenierung nur schwer möglich war.

Das Stück beginnt mit wirrem Wortgewisper und 4 hässlichen gebeugten Kreaturen mit Maske die anscheinend alle zusammen Faust darstellen sollen. Die Kreaturen kriechen und laufen in Langsamkeit vor geschlossenem Vorhang über den vorderen Teil der Bühne. Auf den Vorhang sind Bücherregale projiziert.. Die Fausts greifen sich nacheinander ein Mikrofon das auf dem Boden liegt und sagen ein Wort hinein, bevor sie es wieder fallen lassen. Das ganze Prozedere dauert 15 Minute lang. 15 Minuten in denen vielleicht insgesamt 10 Worte fallen. Hierbei reichen sich die Fausts auch gegenseitig das Mikrofon und der Regisseur musste dabei unerträglichen Slapstickhumor einbauen, sodass der eine Faust dem falschen Faust das Mikrofon reicht etc, und diese Fausts dann den Platz tauschen müssen – in unendlicher Langsamkeit. Dieser schlechte Witz wird solange wiederholt bis verzweifeltes Lachen aus dem Publikum zu hören ist, in der Hoffnung dass es dann weiter geht.

Das ganze endet endlich mit dem Selbstmordversuch der Fausts. Danach öffnet sich der Vorhang und ein fünfter Faust, auf einem Stuhle sitzend ist zu sehen. Dieser Faust nimmt recht schnell seine Maske ab und gibt sich als Mephisto zu erkennen. Mephisto ist dabei eine Frau, was an und für sich keine schlechte Idee ist. Es werden lieblos die wichtigsten Monologe von Mephisto abespult, und die 4 Fausts reden dabei mit.

Anschließend geht Mephisto wieder ab und es folgt eine weitere 15 Minuten Langeweilefolter. Bei dieser laufen die 4 Greise wieder in unendlicher Langsamkeit auf der Bühne auf und ab und sagen wenn sie vorne sind einen Satz, wobei man den letzten Satz aufgrund der unendlichen Langsamkeit schon wieder vergessen hat und dadurch kein wirkliches Theatererlebnis zustande kommt. Die Greise müssen dabei wieder unnötig unlustige Slapstickfiguren einlegen, was einem sehr an eine schlechte Adaptierung von Dinner for one erinnert. Es gibt eine Linie über die sie sich jedes mal schwer tun hinüber zu laufen. Nach einer Ewigkeit gehen alle Fausts außer einer ab.

Der letzte Faus hält einen Monolog bei welchem er vorgibt seinen Text nicht zu können und jeden einzelnen Satz suffliert bekommt. Auch dieses Element ist absolut unnötig und führt nur dazu, dass man überhaupt nicht aufnehmen kann was er sagt. Wenn man so ein Element des Durchbrechens der 4. Wand haben wollte, dann doch bitte in einem Stück dass den Zuschauer zuerst fesselt und entführt und ihn nicht in purer Langweile und Unbeeindrucktheit und Ausgeschlossenheit aus dem Stück immer weiter verfestigt.

Das ganze Trauerspiel endet wieder mit einem unheimlich schlechten Slapstick, bei dem der letzte Faust von der Bühne abgeht und dabei die Suffleuse auffordert ihm zu bedeuten in welche Richtung er muss. Das macht er nicht subtil einmal, sondern 5 mal damit auch der letzte Schnarchdepp im Publikum sieht „hier GUCK mal wie subversiv wir dieses Stück angehen, tihihihi“.

Anschließend kehrt Mephisto wieder. Es folgt eine Paktschließung zwischen den Fauts und Mephisto, bei denen sie sich aus unerklärlichem Grund die Hände rot einschmieren. Faust verwandelt sich nun in einen jungen Faust, was bedeutet dass er seine Maske abnimmt während der Vorhang mehrmals kurz geschlossen wird.

Anschließend folgt die Szene in der die 4 Fausts und Mephisto in einem Gasthaus sind um etwas zu trinken. Hier muss ein weiteres mal die Akzeptanz des Zuschauer für postmodernen Bullshit getestet werden. Geschlagene 7 Minuten passiert nichts, als dass die 5 Schauspieler auf der Bühne stehen, sich wie Pinguine im Kreis drehen, Schluckgeräusche machen und danach zwei mal hüpfen und ein wohliges “Ahhhh” seufzen.

Während dieser Szene kam es zu mehreren Buhrufen und Aufforderungen den Unsinn zu beenden aus dem Publikum, (von echten Zuschauern und keinen Eingeweihten) und mindestens 10 Leute die am Rande saßen sind aufgestanden und haben das Theater verlassen. Leider saß ich in der Mitte und konnte deshalb nicht so einfach entfliehen.

Das Ganze wurde dann von einer nicht viel besseren Szene abgelöst in der die Schauspieler 2-3 Minuten lang grölten.

Anschließend trat Gretchen auf. Faust verliebt sich in sie und zieht sich dann um. Währenddessen singt Gretchen ein total unpassendes englisches Lied und singt viel länger als für das Umziehen eigentlich nötig gewesen wäre.

[Gedächtnislücke]

Man muss richtigerweise anmerken, dass ab dieser Stelle das Stück wesentlich erträglicher wurde.

Gretchen erhält zum zweiten Mal von Faust Schmuck und probiert ihn an. Bei dem Schmuckkästchen handelt es sich in der Inszenierung um einen Eimer mit schwarzem Schlamm, in das Gretchen die Hände taucht und sich mit den Fingern dann schwarze Linien malt als ob sie den Schmuck anzöge. Marthe rät ihr, diesmal der Mutter den Schmuck nicht zu zeigen, damit diese den Schmuck nicht wieder zur Beichte trägt, wo der Pfarrer ihn an sich nimmt.

Anschließend folgt eine Szene in der zwei Szenen überlagert sind und zugleich passieren:

  1. Faust ist mit Gretchen romantisch beisammen ist

  2. während Marthe, deren Mann verschollen ist, von 4 Mephistos besucht wird um ihr mitzuteilen, dass ihr Mann tot ist. Dabei wird sie sexuell angemacht und am Ende wird sie ermordet.

Die letzten beiden Elemente entsprechen nicht dem Buch, aber warum nicht. Die Ermordung der Marthe geschieht durch Genickbruch. Nachdem ihr Genick knirschend durch Halsumdrehen gebrochen wird, fährt es wieder knirschend in die Ausgangsposition zurück und sie wird erneut ermordet. Das war der einzige Teil des Stückes der ansatzweise witzig war, musste aber natürlich wieder zunichte gemacht werden, indem das Ganze so oft wiederholt wurde, bis selbst der dümmste Idiot, welcher dem Stück fast keine Aufmerksamkeit schenkt, merkt was passiert.

Es folgt eine Szene, in der Gretchen wie im Buch, kundtut, dass es ihr vor Mephisto graut. Anschließend sagt sie, dass sie es gerne hätte Faust nachts zu sehen, aber ihre Mutter nicht tief schliefe. Faust gibt ihr daraufhin ein Schlafmittel mit. Man sieht daraufhin wie ihre Mutter stirbt und auf der Bühne mit Eimern von Erde beerdigt wird, während Faust und Gretchen sehr lange Sex haben (damit auch der letzte Idiot kapiert was passiert). Währenddessen transformiert sich einer der Fausts in ihren Bruder und schreit Gretchen während dem Sex an. Ein anderer Faust, fängt dann an mit dem Bruder Sex zu haben, woraufhin der Bruder stirbt (im Buch wird er von Faust im Duell getötet, weil er Faust stellt). Er wird daraufhin von 3 Fausts beerdigt.

Die erste Hälfte endet damit, dass Gretchen sich Vorwürfe macht.

Das Theater war zu Beginn schon schlecht besucht, viele Leute gingen während der Vorführung und in der Pause ergriffen nochmals viele Leute die Flucht.

Fazit

In einer Gesellschaft in der es schwierig ist junge Leute für Theater zu begeistern, eine Gesellschaft in der selbst ein erschreckend hoher Anteil an Akademiker Privatfernsehverdummung der Kultur vorzieht, braucht es solche Inszenierungen wie unter der Regie von Philipp Preuss nicht.

Wir müssen Leute für das Theater begeistern und nicht ein Stück machen, dass in den Augen ihrer Realisierer „so erhaben“ ist, dass es niemand sehen will.

Ich habe nichts gegen Inszenierungen klassischer Stücke, die das Stück in modernen Zeiten spielen lassen, mit minimaler Dekoration.

Aber eine Inszenierung die nur zeigt „guck mal, ich hab modernes Theater studiert,und außerdem bin ich ein subversiver geiler Typ“, die einfach nur extrem schlechte Selbstaufgeilung des Regisseurs ist und gleichzeitig armselig versucht mit schlechten Slapstickelementen selbstironisch zu sein, was total unpassend ist, da sich das Stück selbst schon nicht ernst nimmt, eine solche Inszenierung brauchen wir nicht!

Wir brauchen keine Leute die meinen, dass sie besser als Goethe seien, das Stück von jeglichem Dialog entkernen und bis zur Unerkennbarkeit entstellen, sollen lieber bitte ihre eigenen Stücke schreiben die für Jahrhunderte lang relevant bleiben, anstatt klassische Literatur zu verhunsen.

Die Inszenierung ist ihr Geld nicht wert und eine Schande für das Theater Heidelberg.

Quelle des Titelbildes: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/07/Goethe%27s_Faust.jpeg