Aktualisierung: die BaFin hat am 02.10.2020 das hier beschriebene Finanzierungsmodell in seiner bisherigen Form für illegal erklärt. LivingPackets SA hat das Finanzierungsmodell in Deutschland aktuell eingestellt und versucht Spuren zu verwischen die auf das Finanzierungsmodell hinweisen (nicht gelistete Werbevideos gelöscht etc.). Laut Benutzermeldungen bietet das Unternehmen seit 16.10.2020 nun 30-tägige Rückerstattungen an. Versucht das Unternehmen so einer Anordnung der BaFin zur kompletten Rückzahlung zuvorzukommen um bei dem daraus folgenden Liquiditätsabfluss nicht sofort Konkurs anmelden zu müssen? Es wird spannend zu sehen, ob es das Unternehmen es schafft bis zur eventuellen Anordnung der kompletten Rückzahlung dieses Finanzierungsmodelles dritte Kapitalmittelzuflüsse durch reguläre ordentliche Investoren zu erreichen oder ob am Ende die Insolvenz folgt.
Nachdem mir eine Werbung zum Investieren in das Unternehmen “Livingpackets” angezeigt wurde, war ich neugierig ob es sich hierbei um einen Betrug, Abzocke, ein Schneeballsystem handelte. Ich befasse mich in diesem Artikel losgelöst von einer Bewertung des eigentlichen Geschäftsmodelles von LivingPackets ausschließlich mit dem Finanzierungsmodelle, das das Unternehmen als “Profit Sharing Sponsoring Campaign” bezeichnet. Für die Ungeduldigen zusammen gefasst: Finger weg, wenn du nicht sehr genau verstehst was du tust. Da es sich beim Unternehmen um eine Schweizer Gesellschaft handelt gibt es hier eine französische Übersetzung des Artikels um auch die frankophone Gemeinschaft aufzuklären.
Persönlicher Eindruck des Werbevideos
Grundlagenwissen zur Unternehmensfinanzierung
Wenn ein als Kapitalgesellschaft geführtes Unternehmen mehr Geld braucht als es gerade durch sein Geschäft einnimmt dann hat es hierfür drei Möglichkeiten: Die Aufnahme von Eigenkapital, Fremdkapital oder der Erhalt einer Schenkung. Bei der Gründung einer Unternehmensgesellschaft nimmt das Unternehmen am Anfang kein Geld ein, weil das Geschäft, in der Regel noch nicht existiert. Schenkungen sind eher selten und finden vor Allem in der Form von staatlichen Zuschüssen (englisch: government grant) statt. Allerdings kann der Staat auch davon unabhängig helfen in dem er Eigen- oder Fremdkapitalgeber wird. Wir gucken uns im folgenden kurz allgemein die Eigen- und Fremdkapitalfinanzierung an.
Eigenkapital
Bei der Eigenkapitalfinanzierung gibt das Gesellschaft Anteilsscheine heraus. Im Falle dass das Unternehmen als Aktiengesellschaft firmiert, nennt man diese Anteilsscheine dann Aktien. Jeder Anteilsschein verbrieft einen Anteil am Eigenkapital des Unternehmens, also an dem Kapital das dem Unternehmen selbst gehört. Diese Anteilsscheine sind in der Regel eine unbegrenzte Laufzeit. Das heißt das Unternehmen hat keinerlei Verpflichtung sie gegen Rückgabe der Einzahlung zurück zu nehmen. Man kann die Scheine aber weiterverkaufen. Wenn ein Unternehmen Gewinne schreibt, so möchte man als Eigenkapitalgeber etwas davon abhaben und bekommt eine Dividende, eine Gewinnbeteiligung ausbezahlt. Wenn das Unternehmen keine Gewinne schreibt, dann wird auch der Eigenkapitalgeber auf seine Dividende verzichten, da es in seinem Interesse ist, dass das Unternehmen in der nächsten Periode noch liquide ist. (*Anekdote 1 dazu unten) Bei der Gründung einer Kapitalgesellschaft, bringen die Gründer in der Regel ihr privates Vermögen als Eigenkapital in die Gesellschaft ein und erhalten dafür den Besitz an der Gesellschaft. Wenn später mehr Kapital benötigt wird, als die Gründer sich leisten können in das Unternehmen zu stecken, können sie weitere Kapitalgeber an Bord holen. Diese Eigenkapitalgeber werden zu Mitbesitzer der Gesellschaft und können je nach Gesellschaftsform unterschiedlich starken Einfluss auf die Geschäftsführer (die Gründer) ausüben. Da man in der Regel viel mehr Kapital aufnehmen muss als die Gründer zur Verfügung stellen können, würde bei der Ausschließlichen Finanzierung auf diese Art bald die anderen Kapitalgeber eine Stimmmehrheit über die Gründer erlangen und könnten diese absetzen. Das wollen Gründer in der Regel vermeiden und wählen deshalb nicht ausschließlich eine Eigenkapitalfinanzierung. Es gibt auch Möglichkeiten bei einer mehrheitlichen Eigenkapitalfinanzierung durch Dritte die Unternehmensführung in Kontrolle zu halten, wie stimmrechtslose Vorzugsanteilsscheine oder Kommanditgesellschaften, auf die ich hier nicht eingehen werde, da sie sich in der Regel erst bei größeren Unternehmen genutzt werden.
Zusammengefasst: Eigenkapital gibt mir als Gründer den Vorteil, dass ich dem Eigenkapitalgeber nur eine Auszahlung leisten muss, wenn ich einen Gewinn erwirtschafte und dass die Laufzeit unbegrenzt ist. Als Nachteile verliere ich als Gründer einen Teil der Kontrolle über mein Unternehmen. Als Eigenkapitalgeber habe ich des Weiteren das Risiko im Fall einer Insolvenz des Unternehmens als letzter (also nach den Fremdkapitalgebern) aus der Insolvenzsumme bedient zu werden, was in der Regel einen Totalausfall des eingesetzten Kapitals bedeutet.
Fremdkapital
Wenn ein Unternehmer keinerlei Kontrolle abgeben will, dann kann er sich um einen Kredit bemühen. Nun ist es so, dass Fremdkapitalgeber wissen, dass sehr viele kleine Unternehmen die noch keine Gewinne schreiben dies wahrscheinlich auch nie tun werden und pleite gehen können, entsprechend hoch werden sie ihre Risikoprämie, also den jährlich zu zahlenden Zinssatz veranschlagen. Fremdkapital hat eine feste Laufzeit, das heißt ein Kapitalnehmer bekommt zum Zeitpunkt 0 einen festen Betrag vom Kapitalgeber. Dafür zahlt der Kapitalnehmer in der Regel jedes Jahr einen Anteil (momentan bei sehr riskanten Unternehmen 5 – 15 %) und muss am Ende der Laufzeit den eingezahlten Betrag noch komplett zurück zahlen. Längere Laufzeiten, kann sich der Kapitlanehmer durch die Zahlung eines höheren Zinssatzes erkaufen. Der Vorteil des Fremdkapitals, dass der Fremdkapitalgeber keinen Einfluss nehmen kann ist allerdings praktisch limitiert, da gerade bei sehr kleinen Unternehmen auch der Fremdkapitalgeber sich gewisse Mitspracherechte einräumen lassen wird aufgrund seines hohen Risikos. Für den Gründer steht der Hauptnachteil, dass er jährliche Zinszahlungen zu leisten hat, egal ob das Unternehmen Geld verdient oder nicht, im Zweifel also Kredite aufnehmen muss um vorherige Zinsen zu bezahlen (Schneeballsystem) und dass die Kredite in ihrer Laufzeit terminiert sind und er am Laufzeit Ende in einem Schlag einen Riesenberg Kapital beschaffen muss, entweder durch in der Zwischenzeit angesparten Gewinne oder durch die Aufnahme neuer Kredite.
Analyse der Investition in LivingPackets
Aus Sicht des Gründers kombiniert das Finanzierungsmodell für die Unternehmensgründer die besten Eigenschaften von Fremd- und Eigenkapital (und damit die schlechtesten Eigenschaften für den Investor!)
- Es handelt sich um eine Beteiligung über Fremdkapital, die Gründer verlieren also keinerlei Einfluss auf die Unternehmensführung
- Obwohl das Unternehmen auf sehr wackeligen Füßen steht geben die Fremdkapitalgeber ohne sich gewisse Mitspracherechte zu sichern, Fremdkapital – ja selbst ohne einen vollständigen Geschäftsbericht von dem Unternehmen gesehen zu haben (es existiert lediglich ein Finanzbericht)!
- Die Laufzeit des Darlehens ins unbegrenzt. Es gibt keinen festen Zeitpunkt zu dem die LivingPackets Gesellschaft das eingezahlte Kapital zurück zahlen muss.. Kapitalgeber erhalten Kapital nur in Form einer Prämie zu gewissen Konditionen zurück (auch wenn diese Prämie auch die Einzahlung übertreffen mag).
- Die Couponzahlung ist variabel. Trotz, dass es sich um Fremdkapital handelt, muss das Unternehmen nur einen Coupon bezahlen wenn es Gewinne schreibt. Dabei werden 50% der Gewinne als Couponzahlung ausgeschüttet.
- Als Geldgeber für die hier besprochene “Profit Sharing Sponsoring Campaign” wird man aus dem Kapitalmittelzufluss erst NACH den Zinszahlungen an die konventionellen Fremdkapitalgeber bedient (aktuell 450 000 CHF Quelle siehe nächste Liste Punkt 4).
Nun sollte man folgende
Tatsachen über Gesellschaften
vor Augen führen
- Unternehmen in der Gründung brauchen in der Regel ab der erstmaligen Kapitalaufnahme durch Dritte oft mindestens 10 Jahre bis keine Verluste schreiben (oder nur Kleckerberträge gewinnen). So ist Amazon z.B. seit 1997 an der Börse, aber schreibt erst 20 Jahre später seit 2018 ernst zu nehmende Gewinne. Und das ist vollkommen normal und gut so, denn am Anfang bringt einem Unternehmen ein Gewinn gar nichts, sondern Wachstum. Es ist im Falle eines Unternehmes wie LivingPackets unternehmerisch viel sinnvoller, den Markt zu erobern, sich möglichst stark auszubreiten, ein Quasimonopol zu erreichen, anstatt schnell seine Margen zu erhöhen, Gewinne zu schreiben und der Konkurrenz das Feld zu überlassen.
- Unternehmen können ihre Gewinne klein- und großrechnen. Gewinne / Ergebnisse gelten als eine Buchhaltungszahl die sehr leicht zu manipulieren sind. Man kann seine Gewinne z.B. als Gewinnrückstellung in die nächste Periode verschieben oder ähnliches. Ein für den Investor gerechter Ansatz wäre zum Beispiel ihn am freien Kapitalfluss = Kapitalfluss aus unternehmerischer Tätigkeit – Kapitalfluss aus Investitionstätigkeit zu beteiligen. Hierbei würde der Investor dann auch vor den Zinszahlungen an andere Fremdkapitalgeber am Kapitalzufluss beteiligt werden.
- Wenn man die hundertprozentige Kontrolle über eine Kapitalgesellschaft hat, könnte man dieses Unternehmen sein Geschäft an ein andere auch im eigenen Besitz befindliche Gesellschaft verkaufen (und dabei darauf achten keine Gewinne zu machen) und damit die Gesellschaft entkernen um sie danach aufzulösen und nie wieder Gewinne schreiben zu lassen. Oder man könnte eine zweite Gesellschaft im eigenen Besitz gründen die gewisse Rechte am Produkt besitzt für die die Gesellschaft LivingPackets Lizenzgebühren zahlen muss (die LEIDER genau so hoch sind, dass LivingPackets nie Gewinne schreibe kann). (Anekdote 2 weiter unten, so etwas macht z.B. Nike zum Steuersparen)
- Die versprochene 50 % Ausschüttung des Gewinnes ist nicht unbedingt gerecht! LivingPackets ist als Aktiengesellschaft in der Metropole Lausanne in der Schweiz registriert. Die Firma hatte
nach eigenen UNGEPRÜFTEN Angaben (bei einem normalen Unternehmen prüft ein Wirtschaftsprüfer die Daten, hier hat niemand geprüft)(nachträgliche Bearbeitung vom 12.09.: mittlerweile kann man ihrer Seite einen geprüften Bericht für das Geschäftsjahr 2018 abrufen) ein Eigenkapital von 993 120 CHF. Sie haben im Jahr 2017 6880 Euro Verlust gemacht. Wenn wir was davon ausgehen, dass die Firma im Jahr 2018 und 2019 und das vergange erste Halbjahr von 2020 jeweils den selben Verlust gemacht hat dannn hat dann hält sie aktuell ein Eigenkapital von 976 000 CHF = 906 000 Euro. Die Firma gibt an am 16.08.2020 bereits 7,11 Millionen aus dem hier besprochenen Finanzierungsmodell eingenommen zu haben. Die Bilanzsumme betrug im Jahr 2017 1 458 379 CHF. Das bedeutet, dass 82,9 % der Bilanzsumme des Unternehmens von Fremdkapitalgebern dieses Finanzierungsmodelles stammen, diese aber nur 50% des Gewinnes erhalten, oder andersherum, dass die Gründer für ihre Beteiligung von 11,4% die restlichen an der Bilanzsumme 50% des Gewinnes erhalten. Die verbleibende 5,7 % werden von regulären Fremdkapitalgebern gehalten, die lustiger Weise auch Aktionäre, das heißt die Gründer sind. Diese werden nach in obiger Liste angeführten Punkt 4 mit ihren Zinsen zuerst bedient, bevor ein Geldgeber der hier besprochenen Kampagne bediert würde. Quelle: Financial Prospectus LivingPackets und Sicherungskopie der Quelle. - Unternehmensgesellschaften können ihre Vorstände beliebig hoch vergüten und damit im Falle dass die Gesellschaft im Besitz einer kleinen verschworenen Interessensgruppe die gleichzeitig der Vorstand ist (Regelfall bei Neugründungen) ein so hohes Vorstandsgehalt bezahlen, dass kein Gewinn übrig bleibt.
- Da die Gründer die Gesellschaft zu 100% besitzen, könnten die Gründer beschließen dass sie als Privatperson der Gesellschaft einen für die Gesllschaft ungünstigen Kredit geben der so horrend saftige Zinszahlungen der Gesellschaft an die Gründer mit sich bringt, dass nie Gewinne übrig bleiben (selbst wenn die Firma steil geht) und damit den Investoren der Kampagne auch nie etwas bezahlt werden muss.
Fallbeispiele wenn das Unternehmen nicht pleite geht und moralisch unbedenklich handelt
Gucken wir uns nun ein mal ein konkretes Beispiel an:
- Nehmen wir an, dass Unternehmen schafft es bereits nach 10 Jahren Gewinne einzufahren und will sich nicht auf moralisch bedenkliche Art und Weise vor der Couponzahlung drücken. Wenn das Unternehmen dann noch einmal 10 Jahre bis sie die 500 % zurück bezahlt haben braucht, dann ergibt sich für den Investor vereinfacht und unterschätzend folgende jährlicher Wachstumsmultiplikator : als eine jährliche Rendite von 8,37 %. Die exakte Rendite, sofern die Rückzahlung gleichmäßig über Jahr 11 bis 20 verteilt wird beträgt 11,38%. Klingt immer noch nach einer guten Rendite, aber so etwas kann man auch am Kapitalmarkt mit der Investition in normale Hochrisikoanleihen erreichen.
- Nehmen wir aber an, das Unternehmen braucht 15 Jahre um erstmals Gewinne zu erwirtschaften (und damit immer noch schneller als Amazon) und die Gewinne sind auch nicht so großartig und es dauert 15 Jahre um das Fremdkapital zurück zu bezahlen. Dann erhalten wir nach Rechnung analog zu oben gerade mal eine unterschätzte Rendite von 5,5 % bzw. 7,5% und liegt damit unter einem Investment in ein ETF auf den deutschen Leitindex DAX, das ausschließlich große risikoarme Unternehmen enthält und nahezu kein Totalausfallrisiko hat. Der DAX hat in den letzten 30 Jahren jährlich durchschnittlich eine Rendite von 8 % erzielt und wird es wahrscheinlich auch die nächsten 30 Jahr tun. Quelle: Renditedreieck DAX von Hartmut Waltz.
- Nehmen wir die Behauptung des Unternehmens, innerhalb von 8 Jahren das gesamte Kapital zurück zu zahlen, so ergibt sich eine Rendite von 22,3 % bzw. 29,2%
Fallbeispiel der Insolvenz der Gesellschaft
Nach meinem Laienverständnis tritt im Falle der Pleite der Gesellschaft nun folgendes ein: Der Investor hat mit der Gesellschaft keinerlei vertragliche Regelung über die Rückzahlung seiner ursprünglichen Investition getroffen, sondern im schlechtesten Fall wird es so interpretiert, dass er lediglich für sein Geld eine gedeckelte Gewinnbeteiligung gekauft hat. Das würde dann bedeuten dass er in jedem Falle im Insolvenzverfahren nach den konventionellen Fremdkapitalgebern und eventuell sogar nach den Eigenkapitalgebern berücksichtigt würde, ihm also ein Totalausfall droht, selbst wenn der Insolvenzverwalter noch etwas verwertbares im Unternehmen findet.
Fallbeispiel moralisch bedenkliches Verhalten
Wenn das Unternehmen keine Lust hat dem Investor irgendetwas zurück zu zahlen, dann muss es das auch nicht. Ein Unternehmen, dass eine Investitionsmöglichkeit anbietet ohne genau über die Implikationen aufzuklären wie ich es hier versucht habe, macht auf mich keinen vertrauenerweckenden Eindruck. Es ist gewagt darauf vertrauen, dass sie weder Tatsache über Gesellschaften 2, 3, 4, 5 noch 6 ausnutzen werden.
Fazit
Aus Sicht des Unternehmensgesellschaft ist diese Art der Finanzierung genial. Wer immer auf diese Idee gekommen ist hat dem Unternehmen einen großen Gefallen getan. Das Unternehmen müsste am regulären Anleihemarkt vermutlich hohe Zinsen bezahlen und hat hier einen Weg gefunden, im besten Falle wenn das Unternehmen sich gut entwickeln sollte und ethisch korrekt handelt einen moderaten Zinssatz zu zahlen, wenn es schlecht läuft ein zinsloses Darlehen erhalten zu haben.
Aus Sicht des Investors haben wir hier jedoch ein hochkomplexes Finanzinstrument mit hohem Ausfallrisiko, ohne adäquate Risikoprämie von dem ich persönlich die Finger lassen werde und wo ich mir wünschen würde, dass die Europäische Finanzaufsicht in Form von EU und nationalen Behörden hier aktiv wird und zumindestens in EU-Ländern dem Unternehmen Auflagen für die Bewerbung eines solch hochkomplexen Finanzproduktes macht.
Möglichkeit eines Widerrufes?
Falls du schon Geld investiert hast und es dir nun anders überlegt hast, dann solltest du einen Widerruf in Erwägung ziehen. In Deutschland gilt nach Bürgerlichem Gestzbuch §356, dass man per Fernabsatz eingegangene Verträge 2 Wochen lang widerrufen kann und der Käufer man, falls der Vertragspartner es versäumt den Käufer über dieses Recht per Widerrufsbelehrung aufzuklären, dieses Recht entsprechend länger gilt, also die Zeit erst ab der Aufklärung losläuft. In der Schweiz gibt es kein automatisches Widerrufsrecht. LivingPackets klärt in seiner Vereinbarung über keinen Widerspruch auf und schreibt stattdessen, dass in Streitigkeiten ausschließlich das Gericht in Lausanne zuständig wäre. Quelle: “Sharing Undertaking” und Sicherungskopie der Quelle. Nach EuGH-Urteil ist eine solche Klausel unzulässig. LivingPackets bewirbt seine Kampagne ganz offensichtlich auch in Deutschland, hat in Berlin eine Niederlassung. Die Schweiz, ist zwar kein EU-Mitglied aber übernimmt im Rahmen vieler komplizierter Abkommen einen großen Teil der EU-Rechtsprechung. Dementsprechend fasse ich als Laie diesen Passus für ungültig auf. Es könnte also sein, dass LivingPackets aufgrund seiner Ausrichtung der Werbung Richtung Deutschland und seiner deutschen Niederlassung zum Widerruf nach deutschem und damit europäischen Recht verpflichtet ist. Hier müsste man sich aber von einem Anwalt beraten lassen.
Anekdote
Anekdote 1: Es gibt hier asoziale Unternehmensbesitzer wie die Bundesrepublik Deutschland als 100 %-iger Anteilseigner der Deutschen Bahn. Als die Deutsche Bahn im Jahr 2015 von 611 Millionen Euro vor Dividendenzahlung schrieb beschloss die Bundesregierung sich trotzdem weiterhin eine Dividende von 700 Millionen Euro ausschütten zu lassen und damit den Verlust der Bahn auf 1,3 Milliarden Euro zu steigern. Diesen Verlust musste die Bahn dann in dieser und der nächsten Periode zu einem großen Anteil als Fremdkapital zu einer hohen Verzinsung von 4 % einholen. Warum handelte die Bundesregierung so? Wegen der Befolgung Dogmas der schwarzen Null, sich nicht verschulde zu wollen, konnte man kurzfristig auf die eingeplante Dividende der Bahn nicht verzichten, obwohl es viel sinnvoller gewesen wäre wenn der Bund auf seine Dividende verzichtet hätte und die fehlende Dividende als Fremdkapital zu einer nahezu Nullfinanzierung aufgenommen hätte. Quelle: Geschäftsbericht der Deutschen Bahn 2015, Seite 186 und 188.
Anekdote 2: Nike und andere Unternehmen die man als “moralisch verwerflichen Abschaum” bezeichnen könnte verschieben ihre Gewinne in ein Unternehmen, das große Lizenzgebühren an ein Unternehmen bezahlt, welches sich in einem Land befindet in dem man auf Lizenzgebühren kaum Steuern zahlt. Quelle: Süddeutsche.
Weitere Hinweise
Ich habe keinerlei formale Ausbildung in Sachen Finanzberatung noch Finanzrecht noch Recht im Allgemeinen genossen und teile hier meine Einschätzung als privater Investor. Ich bin in allem was ich anspreche Laie. Dieser Artikel stellt keine Finanzberatung dar und Sie sollten im Falle eines Zweifels auf eine akkreditierte Finanzberatung zurückgreifen. Der Autor hält zum Zeitpunkt der Verfassung des Artikels keine Beteiligungen an Eigen- oder Fremdkapital des in diesem Artikel betrachteten Unternehmens und steht in keinerlei Geschäftsbeziehung zum Unternehmen.
Bildquelle: brennender Geldschein