Motorradführerschein (A2) in Frankreich

Der folgende Artikel ist interessant, wenn du seit mindestens 3 Monaten in Frankreich wohnst und dort auch noch mindestens 6 Monate wohnen bleiben wirst, bereits einen deutschen Führerschein der Klasse B (PKW) oder sonstige besitzt und in Frankreich eine weitere Führerscheinkategorie erwerben willst. Der Fokus dieses Artikels ist Motorradkatageorie A2.

Zusammenfassung

Ich fasse in diesem Abschnitt die Vor- und Nachteile des französischen Führerscheinsystem zusammen. Zu den Vorteilen zählt der theoretisch niedrige Preis des Gesamtpakets und der Umgang mit der theoretischen Führerscheinprüfung; diese hat in Frankreich 5 Jahre Gültigkeit, egal ob man sie im In- oder Ausland absolviert. Das bedeutet, dass du zu einem sehr günstigen Preis schnell ohne Theorieprüfung zu deinem Führerschein kommen kannst, wenn die Ausstellung deines Autoführerschein in Deutschland (oder einem anderen EU-Land) nicht länger als 5 Jahre zurück liegt. Dabei zählt die Frist beim Begleiteten Fahren erst ab dem Tage deines 18. Geburtstages. Zu den Nachteilen zählt die französische Bürokratie, Kostenfallen der Fahrschulen, das französische Verkehrssystem und die kulturell bedingt andere Mentalität. Wer länger in Frankreich lebt und einen Führerschein machen will, sollte aufgrund der genanntenVorteile den Führerschein in Frankreich ernsthaft in Betracht ziehen. Im folgenden Artikel findest du so ziemlich alle Details, die aus meiner persönlichen Erfahrung stammen.

Kosten

Der Motorradführerschein wird in Frankreich zu abenteuerlich günstigen Konditionen beworben. Fahrschulen übertreffen sich in der plakativen Werbung und versprechen den Führerschein für zum Teil knapp unter 600 € (Stand 2015, zum Vergleich: zur selben Zeit in Deutschland mindestens 1500 € in einer kleinen Gemeinde). Bei der Auswahl der Fahrschule solltest du aber nicht auf den geringsten Preis achten, sondern eher auf die Konditionen. So gibt es z.B. Fahrschulen die unbegrenzte Übungsstunden auf dem Plateau anbieten für 800 Euro Gesamtpreis, mehr dazu hier. Das was die Kosten in der Regel nach oben treibt sind zusätzliche Plateaustunden. Also sollte in der Fahrschulauswahl die Kosten pro Zusatzstunde bzw. die freie Verfügbarkeit des Plateaus die größte Rolle spielen!

Mein Führerschein hat mich wegen 3 Zusatzfahrstunde Plateau (je 73 €) plus 2 Extraprüfungen Circulation (je 90€ Euro) 970 € gekostet. Laut anderer Fahrschüler liegen die Durchschnittskosten für den Führerschein bei 1400€. Ich weiß allerdings nicht ob sich diese Angabe auf die Fahrschule, das Departement oder ganz Frankreich bezieht.

Formalia die du vor Beginn deines Führerscheins angehen musst.

Grundprinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten um den Führerschein zu machen, wenn du bereits einen deutschen Führerschein besitzt:

Möglichkeit 1 : Verschweigen

  • Die erste Möglichkeit ist, dass du die Tatsache, bereits einen Führerschein zu besitzen, verschweigst. Ich bezweifle, dass die französischen Behörden fix genug sind bei den deutschen Behörden eine Anfrage zu stellen, ob du schon einen Führerschein besitzt.
    Ablauf: Nachdem du die erste Teilzahlung an die Fahrschule geleistet hat wird diese eineDemande de Dossier machen. Das heißt sie beantragt deine Registrierung als Fahrschüler bei der Präfektur. Erst danach existierst du für die Administration und kannst dementsprechend dich zu Prüfungen anmelden oder Fahrstunden nehmen.
  • Vorteile: Theoretisch kannst du nun 2 Führerscheine erwerben, die unabhängig voneinander sind. Wenn man dir in Frankreich also beispielsweise den Führerschein abnehmen sollte, so bleibt dein Deutscher davon verschont (sofern du auch beim Entzug die Existenz des anderen verschweigst).
  • Nachteile: Falls du deinen Führerschein vor weniger als 5 Jahren gemacht hast (dieser Zeitraum gilt für Führerscheine mit begleitetem Fahren frühestem ab dem 18. Geburtstag) tust du dir den französischen Theorieteil (le Code de la route) grundlos an. Das hat einen kleinen finanziellen Nachteil, welcher bei mir gerade einmal 50 Euro gewesen wäre, aber vor Allem einen Aufwandsnachteil. Ich schätze den Aufwand den Code zu bestehen bei mittelmäßigen bis muttersprachlichen Französischkenntnissen als wesentlich größer ein als den Aufwand für den Deutschen Theorieteil ein, doch dazu später mehr.

Möglichkeit 2 : Ehrlichkeit

Du verlierst deinen deutschen Führerschein für immer und erhältst dafür ein französisches Pendant mit den exakt gleichen Kategorien.

Ablauf: Du lädst dir aus dem Internet die Formulare CERFA 14879 und CERFA  14948 herunter und füllst diese aus. Dann machst du zwei Kopien von deinem Führerschein, eine von deinem Personalausweis (Vorder- und Rückseite jeweils), und eine Kopie von den letzten 3 Belegen der Miete. Das war der einfache Teil. Jetzt wird es kompliziert. Du brauchst eine beglaubigte Übersetzung deiner Karteikartenauskunft. Es gibt hier 3 Dokumente, die sich alle sehr ähnlich anhören, aber nicht zu verwechseln sind:

  1. Auszug aus dem Fahreignungsregister (FAER)
  2. Auskunft über den Eintrag im Zentralen Fahrerlaubnis-Register (ZFER)
  3. Karteikartenauskunft vom Straßenverkehrsamt

Hört sich alles sehr ähnlich an? Korrekt! Die ersten zwei Dokumente sind kostenlos und du erhältst sie per Antrag an die Kraftfahrtbundesamt in Flensburg (die Punktezähler). Das Dokument, das die Franzosen meiner Ansicht nach ausschließlich wollen ist das Dritte, die Karteikartenauskunft. Diese erhältst du bei dem Straßenverkehrsamt deiner Stadt, bzw. in der Regel des Landkreises wo du in Deutschland gemeldet bist, oder vielleicht auch nur dort wo du den Führerschein gemacht hast. In meinem Falle waren die beiden Ämter identisch.
Dieses Dokument kostet 7,80€ (Stand: 2016) und du musst es persönlich auf dem Amt abholen und dort auch vor Ort zahlen. Sofern du einen netten Sachbearbeiter hast, könnte das Bezahlen auch per Vorabüberweisung möglich sein. Prinzipiell steht auf dem Dokument ZFER und FAER das gleiche wie auf der Karteikartenauskunft, allerdings ohne Unterschrift. Da das ZFER und FAER kostenlos per Post kommt, könnte man das natürlich auch probieren, wenn man das Risiko nicht scheut, dass die französische Administration es nicht akzeptieren.
Die drei Dokumente (bei der Karteikartenauskunft bin ich mir nicht sicher) gibt es auch in englischer Version. Allerdings verbietet es die französische Arroganz ein Dokument auf Englisch zu akzeptieren, obwohl für die Verständnis des Dokumentes sicher jemand auf dem Amt fähig wäre. Ich würde aber bei der zuständigen Präfektur explizit nochmal nachfragen, ob sie eine englische Version akzeptieren, vielleicht ändern sich die Zeiten ja eines Tages, allerdings bleibt „Comment appelle-t-on quelqu‘un qui ne parle qu’une seule langue? – Un français“ noch lange wahr.
Daher musst du die Karteikartenauskunft bei einem akkreditierten Übersetzer übersetzen lassen. Die Präfektur Metz hat dafür eine Liste mit allen die sie anerkennt. Ich denke aber, dass in der Regel außerhalb von ehemals teildeutschsprachigen Departements (Moselle) keine spezielle Liste der Präfektur gibt und die Administration jeden akkreditierten Übersetzer akzeptiert. Die Übersetzung des Dokuments habe ich direkt an der Grenze in Stiring-Wendel machen lassen. Sie kostete 10 Euro.
All diese Dokumente musst du nun (zumindest im Falle der Präfektur Metz) persönlich mit deinem Lappen abgeben. Daraufhin gibt man dir eine der Kopien mit einem Stempel und Unterschrift, dass diese Kopie als temporärer Ersatz für den Führerschein gilt zurück. Ich vermute, dass dieser temporäre Führerscheinersatz und das Abgeben des Führerscheins die Gründe dafür sind, dich zu verpflichten, persönlich zu erscheinen. Ich würde im Nachhinein betrachtet, falls du keine Lust hast auf die Präfektur zu fahren, weil du gerade z.B. längere Zeit in Deutschland bist, dazu raten es einfach mal mit der Post zu schicken, Einschreiben mit schönem Anschreiben, dass du gerade kein Auto fährst und deshalb keine Bescheinigung brauchst und dass du hoffst dass alles funktioniert, dass Durchlaucht deine unterwürfigsten Ehrerbietungen akzeptieren möge.
Dein neuer französischer Führerschein wird dir danach standardmäßig an deine französische Adresse per Einschreiben geschickt. Ihn an eine andere Adresse zu schicken ist nicht möglich. Achtung: Falls du nicht postalisch erreichbar bist, geht das Einschreiben zurück und der Führerschein wird zerstört. Was dann passiert weiß ich nicht. Daher kannst du der Amtsperson bitten, dass er an die Präfektur gesandt werden soll und nicht an dich, sodass du ihn abholen kannst.
Von Amtsseite her ist die physische Führerscheinkarte komplett kostenlos.

Vorteil:

  • Du sparst etwas weniger als (50 - 20) € = 30 € ein (du bezahlst keine Theorieprüfung, dafür aber für die Auskunft und Übersetzung). Wenn du die Fahrt nach Deutschland nur wegen des Auszuges auf dich nimmst wird sich der Vorteil allerdings aufheben.
  • Du sparst dir den Aufwand den Code zu lernen (siehe Möglichkeit 1: Nachteil).

Nachteil:

  • Du solltest dich ob du den Code nun bestehen musst, oder nicht, dich ein wenig mit dem französischen Straßenrecht auseinander setzen, da vieles doch sehr anders ist und dir sonst in der Praxis Probleme bereiten wird. Von daher solltest du dich eh ein bisschen auf den Code vorbereiten, und dann ist die Frage, ob du ihn nicht gleich auch machst, anstatt zu tauschen. Der zeitliche Aufwand um den Tausch durchzuziehen wird mindestens zwei Wochen betragen.

Le Code de la route

Die Theorieprüfung der Code weist einige Unterschiede zum deutschen Pendant auf. In Deutschland muss man eine feste Anzahl an Theoriestunden anwesend sein, in denen ein Fahrlehrer anhand von Bild und Tonmaterial die Straßenverkehrsordnung erläutert, mit den Fahrschülern interagiert, auf Fragen eingeht, etc. (Stand: 2012 Südwestdeutschland).
In Frankreich sieht das ganze sehr viel  formloser aus. Du hast hier i. d. R. einen « accès illimité au séances de code », das heißt, dass man gewährt dir, dich mit einem Ankreuzzettel in einen Saal zu setzen, wo eine DVD abgespielt wird, in dem die eine Situation im Straßenverkehr geschildert wird und du nach deinem Verhalten gefragt wirst. Dabei machst du jedes Mal eine Prüfung. So eine Sitzung dauert etwas über 40 Minuten.
Die Prüfung ist folgendermaßen aufgebaut: 40 Fragen, von denen man maximal 5 falsch beantworten darf. Man hat immer 4 Antwortoptionen A, B, C und D.
Dabei gibt es zwei unterschiedliche Typen von Fragen.

  1. Wähle mindestens eine aus. Antwortmöglichkeit aus. Das „Mindestens“ wird hierbei in der Frage allerdings immer unterschlagen und man muss aufpassen auch wirklich alle Antworten auszuwählen, selbst wenn es eine Antwort gibt, die die anderen mit einschließt. Ein fiktives Beispiel: „Ab wie viel Jahren darf man den Führerschein regulär machen? A) 16 Jahre, B) 18 Jahre, C) 21 Jahre, D) 94 Jahre. Wer hier nur B und nicht B, C, D ankreuzt hat einen Fehler gemacht!
  2. Es werden 2 Entweder-Oder-Fragen in einer Frage gestellt. Für die Frage kreuzt man A xoderB an und für die zweite C xoder D an.

Positives am Code in Frankreich: Die Idee mit Photos von realen Verkehrssituationen zu arbeiten finde ich nicht schlecht.
Nachteile: 2012 gab es in Deutschland einen festen Katalog von ungefähr 1000 Fragen. Man kann sich ideal darauf vorbereiten, indem man nachdem man seine Theoriestunden mit Erklärungen und Frage stellen im persönlichen Unterricht durchgearbeitet hat. Anschließend kann man JEDE der 1000 Fragen einmal durchgehen (idealerweise mit einem kostenpflichtigen Programm, dass einem erlaubt Fragen zu markieren) sich die Fragen markieren hat die man nicht auf Anhieb richtig hat. Danach hat man vielleicht 100 Fragen übrig, bei denen man entweder wirklich noch etwas sinnvolles zu lernen hat, oder bei manchen der Fragen einfach stur irgendetwas sinnloses auswendig lernen muss (Was stellt im Herbst eine Gefahr dar? Blätter auf der Fahrbahn, Nässe, Nebel? Eines davon ist nicht wahr, laut der Behörde (Lerne auswendig!)).
In Frankreich hat man weder jemandem der einem das ganze mal verklickert noch jemandem, dem man dann Fragen stellen kann, warum dies und jenes so ist, noch gibt es einen festen Katalog an Fragen (zumindest wurde mir das auf mehrmalige Anfrage so gesagt und es entspricht den Erzählungen anderer Fahrschüler).
Dann kommt dass übel hinzu, dass man in Frankreich Reformen um der Reformen Willen liebt. Das bedeutet in meinem Falle ganz konkret, dass es in Frankreich kurz vor 2016 noch Gesetz war, dass man in unbeleuchteten Ortschaften nachts mit Fernlicht fahren muss, aber dafür in beleuchteten Ortschaften nachts mit Tages- / Standlicht fahren darf. Das habe ich mehrmals mir in der séance de code so angehört, für seltsam befunden und dann gelernt. Zufällig habe ich dann mitbekommen, dass das seit kurzem gar nicht mehr geltendes Recht ist, sondern das Recht an „europäisches“ (deutsches) Recht angepasst wurde, und dass man in der Prüfung das natürlich anders beantworten müsse.
Heißt konkret: In der Fahrschule spielt man dir veraltete Fragebögen vor, ohne dir zu sagen von wann die sind, ohne zu sagen, dass sich das ändern kann, etc. Hier muss man sehr Acht geben und sich wahrscheinlich eine teure Software kaufen die irgendwie zertifiziert ist auf dem aktuellsten Stand zu sein.

Praxisausbildung

Wenn du es bis hier geschafft hast ist die Trangsalierung durch Behörden vorbei. Durchatmen, der eigentlich angenehme Teil kommt.
Nach Gesetz besteht die Praxisausbildung aus mindestens 20 Zeiteinheiten. Die Behörden geben auch eine (TOTAL SCHWACHSINNIGE) Einteilung dieser Stunden auf Plateau und Circulation an. Diese Einteilung würde ich als eine „Solleinteilung“ (leider finde ich hierzu meine Quelle nicht mehr) ohne Zwang verstehen und in manchen sympathischen Fahrschulen wird das so gehandelt.
Plateau: 8 Stunden
Circulation: 12 Stunden
Eine sympathische Fahrschule wird dich eher 12 Stunden Plateau und nur 8 Stunden Circulation machen lassen. Vor Allem angesichts der Tatsache, dass die meisten Menschen schon einen Autoführerschein haben, ist die Circulation nicht das wichtigste. Doch dazu später mehr.

Plateau

Auf dem Plateau sind in der Regel 3 Fahrschüler mit einem Fahrlehrer. Manchmal können es auch 2 oder 4 Fahrschüler sein. Das ganze heißt ganz konkret: Der Fahrlehrer kümmert sich recht wenig um dich und du musst dir das Plateau mehr oder minder autodidaktisch aneignen.
Die nachfolgenden beschriebenen Praktiken sind Erlebnisse meiner Fahrschule und müssen dementsprechend nicht überall zwangsläufig so vorzufinden sein.
Zuerst wurde ich vom Fahrlehrer angewiesen Achter im ersten Gang innerhalb kleinst möglicher Wendekreise zu üben. Wenn du eine Linkskurve machst musst du hierbei deinen Linken arm durchstrecken, den Lenker gefühlt auf den Boden drücken, die Maschine mit dem linken Fuß auf den Boden drücken und dich dabei nach rechts lehnen um das Gleichgewicht zu halten. Du solltest am Ende ohne Probleme es schaffen im ersten Gang eingekuppelt auf 5,5 Meter Radius zu wenden.
Danach wurde mir gezeigt nun im 2. Gang das gleiche Spiel zu machen. Im zweiten Gang bist du schnell genug, dass das extreme Gegenlehnen nicht mehr notwendig ist und hier sollst du ein Gefühl dafür bekommen was die Gewichtsverlagerung durch das Schieflegen des Kopfes schon bringt.

Kostenfalle vermeiden

Achtung, Hinterfotzigkeitsgefahr: gewisse Fahrschulen so wie die meinige lassen dich all deine Plateaustunden ableisten bis auf eine und dann kommen sie mit „so jetzt machst du mal Straße“. An und für sich keine schlechte Idee. Allerdings musst du darauf bestehen, dass es maximal eine oder zwei Fahrstunden sind und schon idealerweise die letzte Plateaufahrstunde und ein Prüfungstermin fürs Plateau ausgemacht sind. Mich haben sie 6 (von 12) Straßenstunden ableisten lassen und danach aufs Plateau für den „Test Blanc“ in meiner letzten Plateaustunde bestellt. Im Test Blanc wollen sie von dir, dass du, so wie später auch in der Plateauprüfung, alles auf den 2. Versuch bestehst. Natürlich hatte ich nach 6 Stunden auf der Straße die Techniken für das Plateau vergessen. Und bäm, hast du die Ehre der Heures supplementaires, die (Stand 2016) 74 Euro pro 90 Minuten in dieser Fahrschule kostetn.Und dann wollten sie mich gängeln. Sie wollen Fahrschüler zwingen und vertraglich ist es oft auch im unterschriebenen Vertrag, dass du erst einen Test Blanc bestehst und danach einen Termin ausmachst. Allerdings weiß ich nicht ob diese Klausel nach französischem Recht überhaupt zulässig ist.Hier muss man sehr viel Bedacht haben und sich durchsetzen. Ein verfehlter Test kostet gerade mal 90 €. Fast genauso viel wie eine Zusatzstunde. Die Fahrschulen quetschen hier die Fahrschüler aus, um die extrem niedrigen Köderpreise von 500 – 600 €, welche überhaupt nicht wirtschaftlich sind, wieder wett zu machen.

Es gibt andere Fahrschulen, die ein ehrlicheres Konzept verfolgen. So berichtete ein Kommilitone von seiner Fahrschule, in der das Gesamtpaket 800 – 900 € kostete, allerdings man unbegrenzt die Möglichkeit hat auf dem Plateau – für sich und nach Verfügbarkeit der Motorräder – zu Öffnungszeiten zu üben. Wenn man die Möglichkeit zwischen einer Fahrschule mit 500 - 600 € Billigpreis und einer Fahrschule mit 800 - 900 € ehrlichem Konzept hat sollte man auf jeden Fall zu zweitem greifen. Viele Fahrschüler werden durch die Plateauprüfung in die Richtung von 1500 - 2000 € Kosten gedrückt.

Circulation

Auf der Straße fahren immer 3 Fahrschüler jeweils auf einem Motorrad. Der Fahrlehrer folgt dem letzten im Auto. Dabei wird zu Beginn der Fahrstunde vom Fahrlehrer festgelegt, wer auf welcher Position ist und diese Position ist während der gesamten Fahrstunde einzuhalten. Die Anweisungen, sowie die Verbesserungsvorschläge werden vom Fahrlehrer per Funkgerät an alle 3 Fahrschüler durchgegeben. Das Verstehen eines an alle gerichteten Kommandos ist von jedem mit einem klar sichtbaren Nicken zu beantworten, das Verstehen von individueller Kritik ebenso.

Praxisprüfung

Examen du plateau

Die Plateauprüfung gilt als die Härteste der beiden Prüfungen. Hierbei muss man nicht nur die praktische Fähigkeit in den 4 Plateaudisziplinien nachweisen, sondern auch dein theoretisches Wissen vor und nach dem Prüfung unter Beweis stellen. Ausreichende Infos findest du hierzu im Internet.
Grobe Übersicht:

  1. Poussette: Du musst das Motorrad einfach nur zwischen 4 Pylonen hindurch um eine Kurve und wieder zurück schieben.
  2. Control technique: Du musst eine technische Kontrolle am Motorrad vornehmen und dabei laut sagen was du da machst. (Manche der Kontrollen erklärst du nur, da du sie praktisch nicht ausführen kannst!). Helm aufziehen und sagen, „Mon casque est à la bonne taille.“ Hier kann der Fahrlehrer dich ärgern / dir die Chance geben, falls du bei der Control Technique einen kleinen Fehler gemacht hast den noch auszubessern in dem er die eine Frage zum Helm stellt. „Warum ist der Helm zugelassen?“ und du musst dann antworten, dass er der EU-Norm entspricht und die in Frankreich obligatorischen Reflektorstreifen hat.
  3. Parcours lent: So langsam wie möglich fahren. Mindestzeit bis zum zweiten Steckentor: 20 Sekunden. Du darfst einmal einen Fuß aufsetzen (Note B).

    permis_moto_fr_-_2012

  4. Evitement: In eine Richtung fährst du einen Slalomparcours mit mindestens 40 km/h. Auf dem Rückweg wird das plötzliche Öffnen einer Autotüre simuliert. Du musst eine Mindestgeschwindigkeit von 50 km/h erreichen, während du nahe des Fahrbahnrandes durch zwei Hütchen durchfährst und danach einem Hindernis von Hütchen ausweichen. Der schwierige Teil ist dabei das Ausweichen auf dem Rückweg. Dabei musst du dich wirklich schon bevor du durch das Tor fährst die Maschine in die Kurve legen um am Hinderniss vorbei zu kommen.

    permis_moto_fr_-_2012

  5. Freinage: hier must du eine Geschwindigkeit von 50 km/h erreichen und ab einer Linie eine Vollbremsung einlegen. Da die Fahrzeugmaschinen heutzutage alle mit ABS ausgestattet sind, stellt das kein Problem dar.

    permis_moto_fr_-_2012

  6. Intérogation orale: hier werden dir theoretische Fragen gestellt aus einem Büchlein, dass du in der Fahrschule erhalten hast. Hier kannst du tolle Phrasen auswendig lernen wie “en cas d’accident, le cerveau va heurter la boîte crânnienne […] tissue celebrale” viel kompliziertes Vokabular und ein wenig Anatomie lernen.

Den Test “Examen du plateau” habe ich persönlich im ersten Anlauf bestanden. Er ist unter den Franzosen als sehr schwer berüchtigt, vor Allem wegen des Parcours lent und der Interrogation orale. Bildquelle der 3 oberen Bilder: Journal officiel de la République française, gespeichert auf Wikimedia.

Examen de la circulation

Die Straßenprüfung gilt unter Franzosen als der entspanntere Teil. Hier allerdings kannst du als Ausländer einige Schwierigkeiten haben, wenn du während der Prüfung französischen „Verkehrsspezialitäten“ begegnest. Diese Prüfung habe ich daher erst beim 3. Mal erfolgreich bestanden.

Seltene Verkehrsspezialitäten in Frankreich (Mosel)

      1. Baustellenampel die wenn sie rot anzeigt zusätzlich einen orangegelben Zähler hat der im ähnlichen Takt wie eine Blinkampel blinkt während er herunter zählt. Das Ding habe ich auf die Entfernung für eine „Achtung-Ampel“ gehalten und war noch irritiert, dass die Ampel zusätzlich zum gelb blinken noch rot anzeigt. Dem Stress der Prüfung zu verdanken hat es dann eine Weile gebraucht bis ich das realisiert habe. Ich habe dann vorschriftsgemäß linken und rechten Spiegel kontrolliert und eine überdurchschnittlich starke Bremsung hingelegt. Ich bin 3 Meter vor der Ampel zum stehen gekommen und ohne, dass das ABS anspringt. Ich gebe zu, dass das ganze keine besonders intelligente Aktion war. Dummerweise hat der Fahrlehrer in dem Moment als  ich die Bremsung eingeleitet habe das Wort ergriffen per Funk. Da er ein unreflektierter Idiot ist, meinte er dann, dass ich aufgrund seiner Anweisung gebremst hätte. Das ist ironisch angesichts der Tatsache, dass sie in der interrogation orale von dir die goldenen „+2 Sekunden Reaktionszeit“ hören wollen aber danach von einer Reaktionszeit von -1 Sekunde ausgehen, wenn sie selbst das Wort ergreifen.
      2. Ampeln die nie grün werden sondern orange blinken bis sie rot werden. Ich war in der Prüfung an der Ampel hinter einem Autofahrschüler. Die Ampel ist von rot auf orange-gelb blinkend gewechselt. Der Fahranfänger vor mir ist nicht richtig vom Fleck gekommen und hat abgewürgt. In der Fahrprüfung hält man natürlich bei gelb sofort an, denn egal wie grün-gelb die Ampel war, für den Fahrlehrer wird sie immer rot werden. Hier war jetzt das Problem, dass die Ampel vorher nicht gelb wird sondern von gelb blinkend zu rot geht. Dazu war an dem Morgen hinter der Ampel die Sonne gestanden und dementsprechend hat das die Sicht erschwert. Danach fuhren wir noch über eine autobahnähnliche Straße, auf der 100 km/h Begrenzung und 80 km/h für LKW war. Da es -10 °C hatte (Januar) fuhr ich 95 km/h genau so schnell, dass ein gesunder Mensch verstehen müsste, dass ich kapiere, dass ich mehr als 80 km/h fahren darf, aber eben nicht 105 km/h à la knapp noch in der Toleranz, weil es bei -10 °C verdammt kalt auf einem Motorrad ist. Der Hohlkopf von Fahrprüfer maulte dann über das Mikrofon “il faut atteindre le maximum permit” und ging wohl in seiner eigenen Blödheit davon aus, dass ich mich für einen LKW halte.
        Ich habe beim Fahrlehrer nachgefragt, woher ich denn hätte wissen können wann die Ampel rot wird um zu vermeiden, dass mein Hinterrad bei Rot drüber rollt, worauf hin der meinte, dass die Ampel von gelb blinkend zu dauergelb zu rot wechsle. Das habe ich nicht nachkontrollieren können, weil solche Ampeln sehr selten sind und ich nie wieder an einer solchen vorbeigekommen bin.

Urheber des Titelbildes: Französisches Innenministerium.
Vermutlich nicht autorisierte Kopie in guter Auflösung: hier

Letzte Änderung: Juni 2020, Sprache.